Wie sozial ist Erbbaurecht heutzutage?
Wie sozial ist ein Erbbaurecht heutzutage?
Im Rahmen der „Sozialgerechten Bodennutzung Greven“ plant die Verwaltung der Stadt Greven zukünftig ihre Wohnbaugrundstücke in Form von Erbbaurechten zu vergeben. Vereinfacht ausgedrückt mieten Bauwillige für meist 99 Jahre ein Grundstück und erstellen darauf ihr Haus.
Begründet wird dies mit der hohen Nachfrage nach Grundstücken bei gleichzeitig geringem Angebot und dem damit verbundenen Preisanstieg. Gleichzeitig möchte die Stadt Greven die Verfügungsmacht über die Grundstücke behalten, um zukünftig und dauerhaft mitbestimmen zu können.
Da diese Art der Grundstücksvergabe äußerst teuer für Bauwillige ist, hat die FDP Fraktion Greven einen Antrag gestellt, Erbbaugrundstücke nur auf Wunsch und in Einzelfällen zu vergeben.
Bei einer Gegenüberstellung der Kosten für ein Bankdarlehen in Höhe von 60.000 Euro für den Kauf eines Grundstücks in der Ortsmitte Reckenfeld (300 m² x 200 € / m² - ohne Erschließungskosten) ist das Darlehen bei heutigen Zinskonditionen nach ca. 38 Jahren bezahlt. In dieser Zeit fallen ca. 63.000 Euro Zinsen und 60.000 Euro Tilgung an. Im Gegensatz dazu bei einem Erbbauvertrag ca. 113.000 € Zinsen und der „Mietvertrag“ läuft noch 61 Jahre. Hier wurde berücksichtigt, dass der „Mietzins“ in 38 Jahren nur dreimal erhöht wurde und durch die bei einem Darlehen notwendige Tilgung anfangs 50,00 Euro monatlich mehr zu zahlen sind. Anders sieht die Rechnung aus, wenn in einer Hochzinsphase, die viele Bauherren/innen erlebt haben, Darlehenszinsen in Höhe von 8% zu zahlen sind. Hier ist die „Miete“ des Grundstücks im Vorteil.
Viele Menschen, die in den eigenen vier Wände wohnen, möchten im Alter keine Miete mehr zahlen. Dieser Plan geht allerdings nur auf, wenn auch der Kredit fürs Haus bis zur Rente abbezahlt ist. Bei einem „Mietgrundstück“ sind dann allerdings noch einige Jahrzehnte Erbpachtzinsen zu leisten.
Dieser Umstand und auch weitere Nachteile bei der Vergabe von Erbbaugrundstücken scheint die Verwaltung und auch einige Fraktionen nicht weiter zu stören. Damit die Stadt zukünftig, also in 99 Jahren, wieder ein Mitbestimmungsrecht hat, können die Bürgerinnen und Bürger ja auch gerne tiefer in die Tasche greifen. Auch der höhere Verwaltungsaufwand für die Stadt wird in Kauf genommen.
Was so eine Art von Mitbestimmungsrecht anrichten kann, haben die Bürgerinnen und Bürger in Reckenfeld erfahren. Seit mehr als drei Jahren wird hier an Bebauungsplänen für die Ortsmitte herumgedoktert und jedes kleinste Detail muss mitbestimmt werden. Mit der Folge, dass sich die Zinsen mehr als verdoppelt haben, Förderungen entfallen und die Baukosten ebenfalls stark gestiegen sind. Jetzt sollen diese Grundstücke, trotz aller Nachteile, nicht mehr verkauft, sondern verpachtet werden. Ein weiterer Rückschlag für die Bürgerinnen und Bürger, die ihren Wunsch nach einem Eigenheim zeitnah realisieren möchten.